Spannung pur in der Jugendlandesliga

ein etwas längerer Beitrag

Volles Haus in Raisdorf. Zur zweiten Runde der Jugendligen hatten wir ganze 18 Spieler unseres Vereins gleichzeitig im Rathaus. Während sich bei den anderen drei Mannschaften relativ schnell eine Marschrichtung abzeichnete, kam es bei unserer Ersten zu einem wahren Krimi.

Zu Gast bei uns war der Lübecker SV 2; eine Mannschaft, gegenüber der wir DWZ-technisch heute der Favorit waren, da sie nicht mit ihrer Stammmannschaft antraten. Nach unserem Sieg über den SK Kaltenkirchen in der ersten Runde sollte heute also erneut ein Sieg her.

Unschöne Ausgangslage

Yannes kam heute mit einem blauen Auge davon. Als er die Gelegenheit zur Rochade hatte, nahm er sie nicht wahr. Als er sie dann schließlich doch machte, stellte er genau dadurch bereits einen Bauern ein. Die Rochade zu verweigern ist in Raisdorf mittlerweile gängige Praxis geworden. Es gibt schon den Plan ein Buch zu schreiben mit dem Titel: ,,Rochade ins Unglück“. Yannes kämpfte jedoch mit allen Mitteln weiter und nach einer recht zügigen Abwicklung in ein Leichtfigurenendspiel, passierte es dann: Yannes bot Remis und sein Gegner nahm trotz klar besserer Stellung an. Einen direkten Gewinnweg hatte er wohl nicht gesehen. Der erste halbe Punkt war somit etwas glücklich, aber er wird noch wichtig werden.

Als Yannes fertig war, stand Toshi bereits deutlich besser. Er hatte einen Bauern gewonnen und erhöhte den Druck immer weiter, doch dabei vernachlässigte er etwas seine Entwicklung. Stattdessen schob er auf dem ganzen Brett seine Bauern nach vorne, um einen Angriff zu starten und schreckte auch vor Opfern nicht zurück. Er dachte dieser Angriff wäre stark genug, doch das war eine Fehlannahme und als der Gegner Gegenspiel fand wendete sich das Blatt schneller als man gucken kann. Toshi verlor daraufhin seine Partie. Sehr bitter, vor allem da er in der Analyse sehr genau vorrechnen konnte, was er alles hätte besser machen sollen. Wir lagen als ½-1½ zurück.

Der Spielstand muss korrigiert werden

Während an den Brettern 3 und 4 ein langsames Spiel aufgebaut wurde, flogen bei Jonas wieder direkt die Fetzen. Er hatte heute wie schon bereits bei der LJEM mit Helene Hellenbroich zu tun, die er damals in einer spektakulären Angriffspartie mit mehrern Opfern und dem bis heute in Erinnerung gebliebenen Lh2+ besiegen konnte. Und auch diesesmal, aber mit den weißen Steinen, ließ das erste Opfer nicht lange auf sich warten. So klotzte Jonas zwei Leichtfiguren in die gegnerische Stellung, um einen Turm und einen Bauern zu erbeuten. Normalerweise ist das (wenn auch beides 6 Punkte an Material wert ist) eher schlecht; in diesem Fall tauchten so aber auch 2 verbundene Freibauern auf, die mehr als nur Kompensationen boten. Schwarz musste alsbald Material für die Freibauern zurückgeben und schließlich hatte Jonas nicht nur eine Qualität mehr, sondern auch noch eine bessere Figurenaktivität. Die Konvertierung folgte und der Ausgleich mit ihr.

Ebenfalls gewinnen konnte Eren. Bislang konnte er in allen drei Partien der Saison mit der mächtigen Stonewall punkten. Heute mit Schwarz war dies leider nicht möglich, aber nachdem seine Gegnerin im Mittelspiel einen wichtigen Bauern einstellte, zerfiel ihre Stellung. Es wurde noch ein bisschen abgetauscht, herumgezogen und dann fanden sich die beiden in einem Turmendspiel wieder. Allerdings hatte Eren einen Extra-Freibauern und den besseren König. Ich habe mir sagen lassen, dass das gut sein soll und Erens Gegnerin sah das wohl genauso. Als ihre letzte Hoffnung in Form eines eigenen Freibauers geschlagen wurde, musste sie sich ergeben.

Der spannende Teil kommt noch

Mit einer 2½-1½-Führung war der Druck auf Chidera und Jakob gemildert. Beide stande in etwa ausgeglichen und zwei Remis hätten zum Mannschaftssieg gereicht. Während bei Chidera die Stellung schon als tot deklariert wurde, da er sich in einem gleichfarbigen Läuferendspiel 4 gegen 4 befand, war bei Jakob noch einiges an Material auf dem Brett. Sei Problem war die Zeit. Da Jakob dafür bekannt ist, bei jeder Gelegenheit aufzustehen und offenbar alles im Raum interessanter ist als die eigene Partie, musste er mit wenigen Minuten in einer komplizierten Stellung klarkommen. Dies holte ihn dann auch ein, als in seiner Zeitnot erst einen Bauern einstellte und anschließend die Partie verlor. Beim nächsten Punktspiel werden wir ihn wahrscheinlich an den Stuhl festkleben oder anketten müssen.

Somit stand es 2½-2½ und es lag komplett in Chideras Händen, den Mannschaftskampf zu entscheiden. Im Keller wurde ein Analysebrett aufgebaut und während Chidera im großen Bürgersaal kämpfte, haben wir unten ebenfalls nach Ideen gesucht. Doch jedesmal wenn wir eine Stellung gründlich analysiert hatten und eine mögliche Fortsetzung mit Chancen gefunden hatten, schaute Toshi nach der aktuellen Stellung und informierte uns, dass es ganz anders gekommen war.

Wie in dieser Stellung aus der Partie zu erkennen ist, steht Chidera mit den schwarzen Figuren weiter vorne und der weiße Läufer ist aktuell ein klägliches Wesen, das nicht ein einziges Feld zur Verfügung hat. Allerdings stehen alle schwarzen Bauern auf weißen Feldern, was in einem Endspiel mit weißfeldrigen Läufern ein großer Nachteil ist. Der Computer gibt als Evaluation nach einigem Rechnen 0.0.

Es kam ein Remisangebot des Gegners, doch Chidera wollte weiterkämpfen. Dies ist ein Spiel auf drei Ergebnisse und wenn er nicht aufpasst, kann er auch noch verlieren. Ein großer Vorteil war jedoch sein großer Zeitvorteil. Sein Gegner fiel hier unter 10 Minuten gegenm 40 Minuten.

Es folgte ein Abspiel, bei dem der weiße e-Bauer weiter vorrückte und der schwarze c-Bauer gegen den weißen b-Bauern getauscht wurde.

In dieser Stellung fand Chidera die Interessante Idee Lh4 mit der Idee, falls e7 kommt den Läufer nach f2 zu überführen, um den Bauern selbst umzuwandeln. In diesem Fall würde tatsächlich Weiß zuerst umwandeln, aber Schwarz wandelt direkt mit Matt um. Gleichzeitig droht aber auch Lb3, was den e-Bauern gewinnen würde, sofern dieser nicht gezogen wird. Nach Lh4 hält nur Kb1 noch das Remis, doch mit mittlerweile unter einer Minute auf der Uhr griff Weiß hier fehl und platzierte stattdessen den Läufer auf b1.

Somit sammelte Chidera den e-Bauern ein, Weiß konnte noch den g-Bauern gewinnen, musste dann aber den Läufer für den b-Bauern geben.

Der Extraläufer besiegelte schlussendlich die Partie nach 5 Stunden Spielzeit zu unseren Gunsten. Interessanterweise wäre die Stellung Remis gewesen, wenn das Umwandlungsfeld des h-Bauern ein schwarzes gewesen wäre.

Nach solch einem Kampfgeist hat sich Chidera den Sieg, den ausführlichen Beitrag hier und den Titel: ,,Tier des Tages“ mehr als verdient; vor allem, weil dadurch der Mannschaftssieg mit einem 3½-2½ eingesammelt werden konnte.

Wir befinden uns nach dem zweiten Spieltag weiterhin auf Platz 2 der Jugendlandesliga. Der Elmshorner SC hat ebenfalls 4 Mannschaftspunkte aber einen Brettpunkt mehr und wird am 26.11 unser nächster Gegner sein.